Die Freistellung der Berliner Landestierschutzbeauftragten Dr. Kathrin Herrmann durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz hat in den vergangenen Wochen für große Aufmerksamkeit gesorgt. Zahlreiche Organisationen, Verbände und Bürger:innen äußerten sich besorgt über die Entscheidung und fordern in einem offenen Brief an die zuständige Senatorin Dr. Felor Badenberg die Wiedereinsetzung der promovierten Tierärztin.
Hintergrund: Engagement für den Tierschutz in Berlin
Die Funktion der Landestierschutzbeauftragten wurde in Berlin eingerichtet, um die Belange des Tierschutzes in Verwaltung, Politik und Gesellschaft zu verankern. Die Beauftragte fungiert als beratende, vermittelnde und evaluierende Instanz. Sie soll fachliche Expertise in tierschutzrelevante Entscheidungsprozesse einbringen, den Dialog zwischen staatlichen Stellen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft fördern sowie Impulse für praxisorientierte Verbesserungen geben.
Dr. Kathrin Herrmann übernahm das Amt im November 2020. Zuvor war sie über viele Jahre in der tierschutzrechtlichen und wissenschaftlichen Prüfung von Tierversuchsanträgen am Landesamt für Gesundheit und Soziales tätig und forschte anschließend an der Johns Hopkins University im Bereich tierversuchsfreier Forschungsmethoden. Ihre Berufung erfolgte unter der Zusicherung fachlicher Unabhängigkeit – ein Grundprinzip, das die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit des Amtes maßgeblich bestimmt.
Entwicklungen seit 2023
Seit dem Jahr 2023 kam es zu erheblichen Veränderungen in den Arbeitsbedingungen der Landestierschutzbeauftragten. Das für die Umsetzung von Projekten vorgesehene Budget wurde von ursprünglich rund 400.000 Euro auf 19.000 Euro reduziert. Diese Einschränkungen betrafen unter anderem geplante Maßnahmen im Bereich des Stadttaubenmanagements sowie verschiedene Bildungs- und Forschungsinitiativen.
Anfang März 2025 wurde Dr. Herrmann schließlich von ihren dienstlichen Aufgaben freigestellt. Eine offizielle Begründung der zuständigen Senatsverwaltung liegt bislang nicht vor. In einer Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses erklärte Justizsenatorin Dr. Felor Badenberg, dass man sich zu Personalangelegenheiten grundsätzlich nicht äußere.
Rechtliche Dimension
Nach übereinstimmenden Medienberichten hat Dr. Herrmann beim Berliner Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen ihre Freistellung beantragt. Zudem ist ein weiteres Verfahren gegen zuvor ausgesprochene Abmahnungen anhängig. Eine Güteverhandlung ist für den 18. März 2025 terminiert.
Unabhängig vom Ausgang dieser Verfahren dürfte die juristische Klärung des Falls auch für die institutionelle Ausgestaltung vergleichbarer Funktionen in Bund und Ländern von Bedeutung sein. Sie könnte präzedenzielle Wirkung entfalten, insbesondere im Hinblick auf die Frage, in welchem Maße Beauftragte mit Querschnittsaufgaben tatsächlich unabhängig agieren können.
Bedeutung für die Tierschutzpolitik
Der Fall verdeutlicht, wie sensibel das Gleichgewicht zwischen politischer Steuerung und fachlicher Autonomie im Bereich des Tierschutzes ist. Eine unabhängige, mit ausreichenden Ressourcen ausgestattete Beauftragtenstelle gilt als zentrale Voraussetzung für die wissenschaftlich fundierte Weiterentwicklung tierschutzpolitischer Maßnahmen und für die Sicherung des gesellschaftlichen Vertrauens in behördliche Strukturen.
Die Angelika-Unger-Stiftung sieht in der aktuellen Situation Anlass zur sachlichen Reflexion über die institutionellen Bedingungen tierschutzpolitischer Arbeit. Eine dauerhafte und wirksame Verankerung des Tierschutzes auf Landesebene erfordert transparente Verfahren, verlässliche Ausstattung und die Gewährleistung fachlicher Unabhängigkeit. Nur unter diesen Voraussetzungen kann der Tierschutz seine Querschnittsfunktion im Sinne des Grundgesetzes (§ 20a GG) erfüllen und zur nachhaltigen Entwicklung von Stadt und Gesellschaft beitragen.
Den offenen Brief können Sie hier nachlesen: 2025-03-06_offener-brief_-freistellung-der-ltb







